Anforderungen für Brennwertkessel und Gründe für den geringen Nutzungsgrad: Gastkommentar

Woran liegt es, dass Brennwertkessel in der Praxis oft nicht halten, was sie technisch versprechen? Heizungsexperte Professor Dieter Wolff von der Ostfalia Hochschule nennt die Gründe und zeigt, welche Anforderungen ein neuer Kessel heute erfüllen sollte.

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Mit Brennwerttechnik und der Effizienz von Brennwertkesseln beschäftigen wir Wissenschaftler uns bereits seit etwa 20 Jahren. Vor allem interessieren uns die Abweichungen zwischen Theorie und Praxis. Die Effizienz von Gas-Brennwertkesseln in der Praxis wurde bereits von 1998 bis 2002 in mehr als 60 Ein- und Zweifamilienhäusern umfassend untersucht. An den Ergebnissen hat sich bis heute leider nichts geändert.

Der Jahresnutzungsgrad der damals untersuchten Brennwertkessel – also das Verhältnis der vom Kessel abgegebenen Nutzenergie im Vergleich zur zugeführten Brennstoffenergie – war in der Praxis niedriger als der theoretisch auf Prüfständen ermittelte Normnutzungsgrad. Die Werte aus der Praxis lagen mit durchschnittlich 87 Prozent um mehr als zehn Prozentpunkte niedriger als der Normnutzungsgrad von bis zu 99 Prozent. Die Bandbreite der gemessenen Jahresnutzungsgrade lag zwischen 68 und 95 Prozent. Dies entspricht alleinigen Kesselverlusten von drei bis 40 Kilowattstunden (kWh) je Quadratmeter beheizter Wohnfläche und Jahr.

Geringer Nutzungsgrad von 85 Prozent keine Seltenheit

Prof. Dieter Wolff, Ostfalia Hochschule

Auch heute erreichen Brennwertkessel in der Praxis nur einen Nutzungsgrad von 85 bis 87 Prozent, wenn sie ohne begleitende Optimierung, ohne knappe Bemessung der Kesselleistung und ohne hydraulischen Abgleich der angeschlossenen Anlage eingebaut werden. Mit optimierten und sehr gut dimensionierten Brennwertkesseln der heutigen Generation sind hingegen auch in der Praxis Jahresnutzungsgrade von 93 und 95 Prozent erreichbar.

Was sagen uns diese Unterschiede? Um die Dimensionen verständlicher auszudrücken: Ein Nutzungsgradunterschied von acht bis zehn Prozent entspricht in einem durchschnittlichen Einfamilienhaus einer Gesamteinsparung von etwa 1.300 kWh pro Jahr. Das entspricht jährlichen Heizkosten von etwa 100 Euro – erreichbar nur durch eine bessere Qualität bei der Auslegung und Optimierung der Gesamtsystems. Eine Leistung, die eigentlich vom Handwerk sowieso geschuldet ist und in den Förderungen der KfW-Bank und des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) auch gefordert wird.

Diese Anforderungen sollte ein neuer Kessel erfüllen

Die Ostfalia Hochschule für angewandte Wissenschaften hat für Verbraucher die folgende Empfehlungsliste für Brennwertgeräte erstellt. Ein neuer Kessel sollte

  • beim Brennstoff Erdgas heute immer ein Brennwertkessel sein und, wenn möglich, nicht mehr im Heizungskeller, sondern im beheizten Bereich aufgestellt werden; weil die auftretenden Oberflächenverluste des Gerätes dann der Wohnung zugutekommen.
  • keine Anforderungen an einen Mindestvolumenstrom haben und deshalb auch kein Überströmventil und keine hydraulische Weiche benötigen.
  • einen genügend großen Kesselwasserinhalt aufweisen (>1 l/kW) und/oder sich regelungstechnisch durch Leistungsanpassung des Brenners sehr gut anpassen (hoher Modulationsbereich besser als 1 zu 5). Befriedigend ist dies bislang nur bei Gaskesseln möglich; bei Ölkesseln arbeitet man daran.
  • eine untere Leistung (untere Modulationsgrenze) aufweisen, die möglichst kleiner ist als die Hälfte der Gebäudeheizlast am kältesten Auslegungstag. Das verhindert eine unnötige und verlustbringende Überdimensionierung des Kessels.
  • eine einstellbare Hocheffizienzpumpe (einstellbar auf mindestens einen Meter Förderhöhe für das Einfamilienhaus) oder keine eigene (integrierte) Pumpe aufweisen.
  • in erster Priorität geringe Stillstandsverluste von 0,3 bis 0,7 Prozent als qB-Wert im Betrieb haben. Das heißt: Es ist nur ein geringer Brennstoffaufwand nötig, um ohne Nutzwärmeabgabe den Kessel in Bereitschaft und auf Temperatur zu halten. Zusätzlich sollte der Kessel einen möglichst hohen Wirkungsgrad von 95 bis 98 Prozent bezogen auf den Brennwert haben.
  • nicht ohne Grund an einen Pufferspeicher angeschlossen werden; auch dessen Bereitschaftsverlust sollte so klein wie möglich sein: nicht mehr als 80 bis 200 Watt Bereitschaftsverlustleistung inklusive sorgfältig gedämmter Anschlussverrohrungen.
  • wenn man Interesse hat, mit einem oder mehreren Wärmemengenzählern (auch ungeeicht, gebraucht gekauft) zur Effizienzkontrolle ausgestattet werden.

All diese Empfehlungen sollte der Kunde mit seinem Handwerksunternehmen durchgehen, damit eine optimal angepasste Anlage eingebaut wird. Nur unter diesen Voraussetzungen hält die Brennwerttechnik auch in der Praxis, was sie theoretisch verspricht.

Anmerkung der Redaktion: proKlima Hannover hat eine Liste der besonders empfehlenswerten Brennwertkessel zusammengestellt. Wie diese Liste zustande kommt, können Sie in den Bewertungskriterien der Brennwertkesselliste nachlesen. Darüber hinaus sind im Dokument „Qualitätssicherung Heiztechnik” (PDF, 114 kB) alle Anforderungen zu Förderbedingungen und -hinweisen zusammengestellt. Diese Auflistung kann an den Heizungsbauer weitergegeben werden.

Autor: Andreas Braun

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