Experten-Interview: Solarthermie verbessern – so holen Sie mehr aus Ihrer Anlage

Die Verbraucherzentrale Energieberatung hat bei ihren Solarwärme-Checks mehr als 1.800 Solarthermieanlagen in ganz Deutschland unter die Lupe genommen. Im Interview verraten die Experten Stefan Materne und Peter Kafke, warum bei vielen Anlagen Solarerträge verschenkt werden – und wie Hausbesitzer ihre Solarthermieanlage optimieren können.

ModernisierungsCheck: Solaranlage prüfen

Finden Sie heraus, ob sich eine Solarthermieanlage für Ihr Gebäude lohnt – und was Sie sonst noch für weniger Kosten und mehr Komfort tun können:

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Seit 2016 bietet die Verbraucherzentrale den Solarwärme-Check zur Überprüfung von Solarthermieanlagen an. Eine aktuelle Auswertung der Ergebnisse zeigt, dass der Erfolg einer Anlage durch viele Probleme beeinträchtigt werden kann. Was sind die häufigsten und gravierendsten Fehler? Und welche Konsequenzen haben sie?

Die gravierendste Erkenntnis ist sicherlich, dass 7 Prozent aller untersuchten Anlagen überhaupt nicht funktionieren. In diesen Fällen muss die Heizungsanlage die gesamte thermische Solaranlage ersetzen. Nach unserer Einschätzung ist ein Grund dafür die mangelnde fachliche Betreuung der Anlagen. Es werden nur 32 Prozent der Solaranlagen mittels eines Wartungsvertrags regelmäßig kontrolliert. Fehlender Anlagendruck, zerstörtes Fluid oder mangelhafte Erträge bleiben deshalb besonders lange unbemerkt.

Stefan Materne, Referent Versorgungstechnik bei der Energieberatung der Verbraucherzentrale(c) Verbraucherzentrale Energieberatung

Stefan Materne, Referent Versorgungstechnik bei der Energieberatung der Verbraucherzentrale

(c) Verbraucherzentrale Energieberatung

Peter Kafke, Projektleiter des Teams Energieberatung bei der Verbraucherzentrale Energieberatung

Laut Ihrer Studie ist nur bei einem Drittel der Anlagen ein Wärmemengenzähler eingebaut. Warum sind Zähler so wichtig und was können Hausbesitzer aus den Daten ablesen?

Ein Wärmemengenzähler zeigt die Solarerträge einer Anlage in Kilowattstunden (kWh). So kann der Anlagenbesitzer eine schlechte Performance oder den Totalausfall der Anlage sehr direkt sehen. Schließlich wurde die thermische Solaranlage einmal installiert, um möglichst viele kWh zu gewinnen. Bei 65 Prozent der untersuchten Anlagen ist dieses wichtige Anlagenbauteil nicht installiert worden. Am preiswertesten ist der Einbau von Wärmemengenzähler übrigens direkt bei der Erstinstallation.

Wann lohnt sich die Investition?

Solarthermieanlagen kosten viel Geld. Welche Lebensdauer der Anlagen ist in der Praxis realistisch? Machen sich die Investitionen am Ende wirklich bezahlt?

Die älteste im Solarwärme-Check untersuchte Anlage war über 30 Jahre alt. Durchschnittlich liegt die Lebensdauer der Anlagen bei 20 Jahren. Bei den Vakuumröhrenkollektoren können in der Regel auch einzelne Röhren getauscht werden, um die Lebensdauer der Gesamtanlage zu erhöhen.

Ob sich die Investitionen in eine Solarthermieanlage bezahlt machen, lässt sich vorher nur schwer sagen. Für eine belastbare individuelle Wirtschaftlichkeitsberechnung gibt es zu viele Unwägbarkeiten. Zum Beispiel die Energiepreis- und Zinsentwicklung, der tatsächliche Warmwasserverbrauch oder etwaige Reparaturkosten, falls Defekte auftreten.

Je höher die Energiepreise für die substituierten Energieträger sind, desto eher lohnt sich Solarthermie finanziell. Der Preis einer Kilowattstunde aus einer heute erstellten, qualitativ hochwertigen und effizienten Anlage beträgt bei 20 Jahren Lebensdauer rund 10 Cent. Das ist etwa das Energiepreisniveau des Jahres 2008, aber deutlich mehr als der Preis fossiler Energieträger heute. Insofern amortisiert sich eine Anlage derzeit nicht. Anderseits ist die Investition in den Klimaschutz für den Anlagenbetreiber auch nicht allzu teuer – vorausgesetzt, es wird eine gute Anlage erstellt.

Solarthermie verbessern: Die fünf wichtigsten Empfehlungen

Was sind Ihre fünf wichtigsten Empfehlungen an Besitzer, die die Leistung ihrer Solarthermieanlagen optimieren wollen?

  • Eine sehr gute Möglichkeit zur Funktionskontrolle einer thermischen Solaranlage ist die Abschaltung der Nachheizung durch den Heizkessel – besonders in den Sommermonaten. Bei den Anlagen, die wir untersucht haben, war diese Nachheizung im Sommer allerdings nur selten abgeschaltet: bei 27 Prozent der Anlagen zur Warmwasserbereitung und bei 36 Prozent der Anlagen zur Heizungsunterstützung. Dabei sollten insbesondere die heizungsunterstützenden Anlagen im Sommer den Warmwasserbedarf vollständig decken. Sie benötigen keine Nachheizung durch den Heizkessel. Die Bereitschaftsverluste des Kessels sind also vermeidbar.
  • Für den optimalen Betrieb sollten der Anlagendruck und der Zustand des Fluids regelmäßig kontrolliert werden. Im schlimmsten Fall kommt es sonst zum Stillstand der Solaranlage.
  • Die Nachheizung  durch den Kessel sollte nicht in den Morgenstunden stattfinden, damit die Solaranlage nach Sonnenaufgang die gesamte Energieernte vom Kollektor in den Speicher transportieren kann. Das kann per Regelung eingestellt werden.
  • Die maximale Speichertemperatur sollte möglichst hoch gewählt werden, zum Beispiel bei 90 Grad Celsius. So erreichen Anlagenbesitzer maximale Speicherbeladungszeiten.
  • Wenn Rohrleitungen, Armaturen und Speicher lückenlos gedämmt sind, wird der Verlust der mühsam gewonnenen Energie verhindert.

Erfolg kontrollieren, Anlage optimieren

Sie wollen mehr aus Ihrer Solarthermieanlage rausholen? Hier bekommen Sie alle wichtigen Tipps, um Ihre Anlage besser zu machen!

Solarthermie optimieren – alle Tipps

Solarthermie: Das bringt die Optimierung

Wie viel Energie und Geld könnten Hausbesitzer im Schnitt sparen, wenn sie ihre Solarthermieanlage optimieren?

Die möglichen Einsparungen durch eine Optimierung hängen natürlich immer von der einzelnen Anlage und ihrem Zustand vor der Optimierung ab. Bei den Solaranlagen, die überhaupt nicht funktionieren, wird eine komplette Fehlinvestition des vollen Anlagenpreises korrigiert. Für die anderen Anlagen lässt sich sagen: Die Jahreserträge pro Quadratmeter Kollektorfläche liegen im praktischen Betrieb meist zwischen 350 und 500 kWh. Nimmt man beispielsweise einen aktuellen Gaspreis von 6 Cent/kWh an, könnten Anlagenbesitzer pro Quadratmeter Solarkollektorfläche maximal zwischen 20 und 30 Euro beim Brennstoff Gas sparen. Entscheidend für die tatsächliche Einsparung sind dann also die wirklich erzielten Erträge, die allerdings ohne Wärmemengenzähler schwerlich zu ermitteln sind.

Regelmäßige Wartungen, Anpassung der Regelung und Monitoring: Das hört sich nach viel Aufwand im Betrieb an. Sind Solarthermieanlagen nur für Hobby-Ingenieure zu empfehlen?

Nach dieser Logik hätten auch nur Hobby-Ingenieure Heizungen in ihren Häusern – und alle anderen müssten frieren. Nein, ernsthaft: Sicherlich sind thermische Solaranlagen durch die höheren Systemtemperaturen, die kompliziertere Hydraulik und das eingesetzte Fluid etwas wartungsintensiver. Kommt jedoch der Fachhandwerker zur Heizungswartung kann er für einen kleinen Aufschlag die Wartung der Solaranlage gleich mit erledigen. Die Werte am Regler werden bei der Erstinbetriebnahme einmal richtig eingestellt und bei der Einweisung mit dem Anlagenbetreiber besprochen. Später nimmt man bestenfalls Korrekturen zur Optimierung vor. Es gibt mittlerweile sehr gute Regelungskonzepte mit optischer Anzeige aller Systemtemperaturen und Fehlermeldungen. Kurzum: Der größte Aufwand fällt nach unserer Einschätzung bei den schlecht oder gar nicht betreuten Anlagen an.

Wer um jeden Preis das Geld für die Wartung sparen will, sollte sich mindestens mit der Kontrolle des Betriebsdrucks, mit der Messung des pH-Werts, sowie der ursprünglichen Farbe des Fluids und mit der Funktionskontrolle des Reglers vertraut machen. Diese Aufgaben kann ein technisch interessierter Anlagenbetreiber leisten.

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Verantwortlich: Moritz Steinbeck & Marcus Weber

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