Klimafreundlich durch Vollsanierung und Wärmepumpe – Praxistest aus Baden-Württemberg

Familie Maucher aus Ravensburg in Baden-Württemberg hat sich den Traum vom Eigenheim erfüllt: Ein charmantes 60er-Jahre Bestandsgebäude, welches in Eigenregie umgebaut und vollsaniert wurde. Zeitgemäß, klimafreundlich und zukunftssicher sollte es werden: Eine Wärmepumpe mit natürlichem Kältemittel dürfte deshalb nicht fehlen.

WärmepumpenCheck

Wärmepumpe von Familie Maucher: Daten und Kennzahlen

Mehrfamilienhaus

Baujahr 1962

Drei Wohneinheiten, eine davon für Familie Maucher mit 4 Personen

Bestand: 200 m², nach Sanierung 292 m²

Wärmepumpe

Hoval Luft-Wasser-Wärmepumpe

Natürliches Kältemittel Propan (R290)

Hoval Belaria pro comfort (15)

Leistung: 6,0 - 14,5 kW

Inbetriebnahme: Januar 2023

Heizsystem Flächenheizung: Bodenheizung
Speicher

Warmwasserspeicher, Brauchwasser-Speicher/Erwärmer 5-CombiVal-ESR (300)

Batteriespeicher mit 9,2 kWh

Hersteller: Q CELLS, Q SAVE BAT - G3 9,2 

Trinkwassererwärmung

Vermietete Wohnfläche: via Durchlauferhitzer

Eigenverbrauch: über die Wärmepumpe Wassererwärmer kpl. 5-CombiVal-ESR (300)

Gebäudedämmung

Knauf Wärmedämmverbundsystem

Mineralwolle, Dicke: 18 cm

Photovoltaikanlage

PV-Anlage mit 8,58 kWp

Q.PEAK DUO ML-G9 390 Wp

22 Module auf den Gauben montiert (Neigung: 5 Grad) – 12 auf der Südseite, 10 auf der Nordseite 

Seit Oktober 2023 in Betrieb

ElektromobilitätWallbox Q CELLS Q HOME EDRIVE G1 Anlagenleistung bis 11 kW
Monitoring / Auswertung 2023/2024

Wärmemengenzähler in der Wärmepumpe und separat eingebauter Stromzähler

 

Jahresarbeitszahl der Wärmepumpe fürs Heizen und Warmwasser: 4,4

Ravensburg, 2022. Ein Hauskauf war schon immer ein Wunsch von Lisa Maucher und ihrem Ehemann Florian Dietrich. Nach dreijähriger Suche fanden sie schließlich einen 60er-Jahre Bau in beliebter Stadtrandlage, mit Garten und drei Wohneinheiten – für sie selbst und zur Vermietung. Das Haus hatte trotz seines Alters eine gute Grundsubstanz und Potenzial für einen Umbau und eine Vollsanierung. Dabei steht nicht nur Wohnkomfort, sondern auch Klimafreundlichkeit im Fokus.

Lieber sanieren als neu bauen

Das neue Haus liegt in einem ausgerufenen Sanierungsgebiet. Die Stadt stellt dort einen zusätzlichen Fördertopf für die Sanierung der Häuser bereit und bezuschusst die Kosten. Zusätzlich kann die Familie eine steuerliche Sonderabschreibung der Sanierungskosten über die nächsten zehn Jahre in Anspruch nehmen.

Zu Anfang war nur eine Teilsanierung vorgesehen. Nach der Sanierung des Badezimmers, des Dachs und seiner Gauben wurden jedoch auch die Elektrik und die Fenster in Angriff genommen. Dadurch wurde das Projekt Schritt für Schritt zur Vollsanierung mit Anbau. Diese wird durch eine KfW-Förderung unterstützt.

Bauleitung der Vollsanierung

Bauvorbereitung, Ausführungsplanung und Baukoordination übernahm die Hausherrin in Eigenregie. Das Mehrfamilienhaus ist damit das erste ganzheitlich geplante und realisierte Bauprojekt der Architektin. In der Bauleitung wird sie von ihrem Stiefvater, ebenfalls Architekt, unterstützt.

Substanzielle Veränderungen im Altbau

Von Oktober 2021 bis Anfang 2022 wurde der Altbau bis zum Rohbau entkernt. Das beinhaltete:

  • Abriss der gesamten Technik
  • Abriss der Wand- und Bodenbeläge, Estrich und Türen
  • Abbruch von Kamin und Zwischenwänden
  • Abriss des alten Hauseingangs, der Terrasse, des Balkons, der Garage und des Kellerabgangs
  • Einziehen von Wänden nach den neuen Grundrissplänen
  • Verlegung der neuen Regenwasserleitungen sowie der Lichtschächte

Fertigstellung des Rohbaus

Anschließend wurde der Rohbau des Anbaus und die Fundamente für die neuen Balkone fertiggestellt. Der alte Dachstuhl wurde abgerissen und durch einen neuen Dachstuhl mit großen Gauben ersetzt.

Im Sommer 2022 erfolgte die gesamte Rohinstallation von Sanitär und Elektrik und der Einbau der neuen Fenster. Erst dann erfolgten Dämmmaßnahmen außen und weitere Installationen im Inneren des Gebäudes. Im Rahmen des Projekts bekam die Familie das Wärmeverbundsystem kostenlos von der Firma Knauf bereitgestellt.

Anfang Februar 2023 war es schließlich so weit und Familie Maucher zog ein. Die Balkone fehlen zwar noch und einige Schreinerarbeiten müssen noch erledigt werden, aber die Sanierung ist weitestgehend abgeschlossen.

Klimafreundlichkeit im Fokus

Von vornherein stand für die junge Familie fest, das Projekt klimafreundlich, zeitgemäß und zukunftssicher umzusetzen. Deshalb sollte das Bestandsgebäude nach der Sanierung den KfW Standard 55 EE haben.

Die Effizienzhaus 55 EE-Klasse wird erreicht, wenn erneuerbare Energien einen Anteil von mindestens 55 Prozent für die Wärme- und Kälteversorgung des Gebäudes erbringen. Um den Anteil zu erreichen, tauscht Familie Maucher die 26 Jahre alte Gastherme gegen eine Wärmepumpe und Bodenheizung. Um auch den eigenen Strombedarf so klimafreundlich wie möglich zu decken, ergänzt eine Photovoltaikanlage mit Stromspeicher die Wärmepumpe. Diese ist bereits auf dem Dach, muss aber noch angeschlossen werden, da kaum Fachkräfte zur Verfügung stehen.

Luft-Wasser-Wärmepumpe passend für Haus & Budget

Bei der Auswahl der Wärmepumpe vertraute Lisa Maucher ihrem Heizungsbauer. Damit stand schnell fest: Eine Luft-Wasser-Wärmepumpe sollte es werden.

Grund war unter anderem die Finanzierung: Denn die etwas effizienteren Sole-Wasser-Wärmepumpen mit erforderlicher Tiefenbohrung oder Verlegung von Flächenkollektoren hätten das Budget der Familie schlichtweg gesprengt. Zudem bietet das Gebäude einen geeigneten Platz zum Aufstellen der Luft-Wasser-Wärmepumpe. Und auch die Ventilatoren sind mittlerweile deutlich leiser geworden, so Maucher.

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Auch das Kältemittel sollte umweltfreundlich sein

Durch eine Freundin erfuhr Lisa Maucher von der Relevanz des Kältemittels und dessen Einfluss auf Klima und Umwelt. Ihren Heizungsbauern musste sie allerdings erst auf das natürliche und umweltfreundliche Kältemittel Propan (R290) hinweisen.

„Der Heizungsbauer hätte nicht jede Wärmepumpe einbauen können“, fügt sie hinzu. Denn aufgrund der verschiedenen Wärmepumpensysteme auf dem Markt haben sich die meisten Handwerksbetriebe auf bestimmte Modelle spezialisiert. Eine Abdeckung aller Modelle samt deren Anforderungen an Technik und Wartung wäre schlichtweg nicht möglich. Es macht daher Sinn, den Handwerksbetrieb so früh wie möglich in die Überlegungen bezüglich des Kältemittels einzubeziehen.

Inbetriebnahme der Wärmepumpe

Das Modell des Unternehmens Hoval wurde schließlich Mitte Januar, zwei Wochen vor dem Einzug der Familie, vom Wärmepumpenhersteller und dem Heizungsbauer gemeinsam eingebaut und in Betrieb genommen. Das Display zur Bedienung kam allerdings erst später, sodass die Vorlauftemperatur „blind“ eingestellt wurde.

Nachdem das Haus dann erst zu warm war und anschließend tagelang immer kälter wurde, rief Frau Maucher ihren Handwerker an, woraufhin festgestellt wurde, dass ein paar Drähte falsch verknüpft waren. Das konnte schnell repariert werden und die Familie genießt nun ihr warmes Haus.

Ein wenig nachjustiert werden die Thermostate allerdings noch, bis die idealen Temperatureinstellungen gefunden sind. Außerdem stellte die Familie fest, dass der Boiler zu klein ist, um ihre große Badewanne nach Wunsch mit warmem Wasser zu füllen, sodass hier noch ein Austausch ansteht. Eine etwas höhere Einstellung der Brauchwassertemperatur hat hier jedoch als Überbrückungshilfe funktioniert.

Auswertung 2023/2024: energetische Sanierung führt zu hoher Effizienz der Wärmepumpe

Nach fast einem Betriebsjahr bestätigte sich, dass die energetische Sanierung in Kombination mit der Installation der Wärmepumpe zu deutlich geringeren Energieverbräuchen führt. Auch wenn ein Vergleich nicht direkt möglich ist, da das Gebäude vor der Sanierung von anderen und weniger Leuten bewohnt war, zeigt sich der Effekt der Sanierung.

Wurde vorher noch 46.000 Kilowattstunden im Jahr für Heizung und Warmwasser verbraucht, sind es jetzt nur noch knapp 7.000 Kilowattstunden. Es kann angenommen werden, dass etwa die Hälfte des Verbrauchs auf das Warmwasser entfällt.

Die Jahresarbeitszahl (JAZ) beträgt 4,4

Vorlauftemperaturen von 30 bis 35°C für das Heizen.

Lüftung mithilfe eines Wärmerückgewinnungssystems

Das Gebäude wurde nicht nur energetisch saniert, sondern auch mit einem dezentralen Lüftungssystem mit Wärmerückgewinnung ausgestattet. Ein großer Vorteil hiervon: die Wärmeverluste werden durch den Luftaustausch reduziert. Denn die Lüftungsanlage nutzt die Abwärme der Abluft, um die zugeführte Frischluft zu erwärmen.

Das System funktioniert auf der niedrigsten Stufe mit voller Zufriedenheit, bei maximaler Stufe ist der Ventilator jedoch gut hörbar.